Einschätzung der Motivation

 

 

Expertenvideos – Staffel 1, Teil 5: Woher bekomme ich die Informationen für die Einschätzung der Motivation?

Der 5. Teil geht auf die Frage ein, woher ich die Informationen bekommen, um einschätzen zu können, wie hoch ein Projektbeteiligter motiviert ist, mein Projekt zu unterstützen. In den Teilen davor habe ich Ihnen geschildert, warum das so wichtig ist und auch wie ich eine Einschätzung der Motivation vornehme.

Im vorhergehenden Teil habe Sie die beiden Fragen erfahren, mit denen ich einen Einschätzung vornehme. Die beiden Fragen sind:

  • Ist das Ziel so interessant, dass der Einzelne dabei sein will?
  • Ist die Aufgabe so interessant, dass der Einzelne auf seinen Beitrag stolz sein will?

Diese beiden Fragen gilt es zu beantworten und damit einzuschätzen, wie hoch die Motivation des einzelnen Projektbeteiligten ist.

Da Motivation von innen heraus kommt, ist eine Einschätzung quasi eine Möglichkeit, wie ich als Projektleiter die Welt einen kurzen Moment durch die Augen des jeweiligen Projektbeteiligten zu sehen versuche. Dafür gibt mir die Projektsteuerung für jede Frage auch noch weitere, detailliertere Punkte mit an die Hand.

Woher bekomme ich jetzt die Informationen, um die Einschätzung der Motivation vorzunehmen? Es gibt aus meiner Sicht drei Informationsquellen:

1) Das Interview

Hier überlege ich mir Fragen, die ich dem jeweiligen Projektbeteiligten stelle. Dabei kann es sich z.B. um ein informelles Gespräch, ein e-Mail, einen formellen Interviewtermin oder einen Fragebogen (auf Papier oder elektronisch) handeln.

Hier ein fiktives Beispiel: Ich komme als neuer Projektleiter in ein Unternehmen und möchte ein Projektteammitglied aus einer Fachabteilung einschätzen. Ich möchte wissen, ob dieses Teammitglied uns im Projekt pro-aktiv und freiwillig für das gemeinsame Projektziel unterstützen wird. Um es einfach zu halten, überlege ich mir eine Frage. In der Praxis werden Sie natürlich viel detaillierter und ausgefeilter vorgehen als ich jetzt in diesem Beispiel.

Nach einem Projektteammeeting spreche ich unter vier Augen das Teammitglied aus der Fachabteilung an und frage ihn, wie er die Projektdetailziele sieht. Hieraus möchte ich erfahren, wie er das Projektziel sieht, d.h. ich werde seine Antwort nach dem Interview diesbezüglich einschätzen.

Um jetzt die Antwort einzuschätzen, sollte ich die Antwort erst inhaltlich bewerten, d.h. ob die Antworten inhaltlich richtig sind. Dazu gehe ich folgende Punkte durch:

– Hatte der Projektbeteiligte überhaupt die Zeit meine Fragen ausführlich zu beantworten?

In meinem Beispiel ist das der Fall. Das Projektteammitglied hatte nach dem Projektteammeeting noch Zeit für eine Frage.

Dagegen wird es in der Praxis schon schwieriger. Gerade von Projektbeteiligten, die nicht im Projektteam sitzen, diese Zeit zu bekommen. Bei der Einschätzung der Motivation eines Mitglieds des Lenkungsausschuss kann es schon wesentlich schwieriger sein, einen Interviewtermin zu bekommen. Vor allem wenn es nicht nur bei einer Frage bleibt. Hat der Interviewpartner nicht die Zeit, dann kann es sein, dass er gar nicht oder nur schnell bzw. oberflächlich die Fragen beantwortet. Der inhaltliche Wert seiner Antworten ist dann fraglich.

– Hat der Befragte soviel Vertrauen zu mir, um die Frage auch ehrlich zu beantworten?

In meinem Beispiel bin ich neu als externer Projektleiter in das Unternehmen gekommen und muss davon ausgehen, dass das Vertrauensverhältnis noch nicht so gut ausgebaut ist. Ich muss also bei der Bewertung der Antwort mir im klaren sein, dass die Antwort ggf. verzerrt ist.

– Erlaubt es die Unternehmenskultur dem Befragten überhaupt, ehrlich zu antworten?

Schlichtweg, das weiß ich nicht, da ich neu im Unternehmen bin. Es kann sein, dass die Unternehmenskultur Angst verbreitet und der Befragte deswegen nicht offen und ehrlich antworten kann. Der Grund für ihn wäre z.B., eine drohende Bestrafung für seine Antwort zu vermeiden.

– Hat der Befragte andere Ziele, die es ihm unmöglich machen, meine Fragen ehrlich zu beantworten?

Auch das kann ich, bedingt durch die neue Übernahme meiner Projektleiterrolle, noch nicht beantworten. Stellen sie sich vor, das der Befragte eine steile Karriere im Unternehmen machen möchte und beantwortet die Frage so, wie er glaubt, dass es ihm von größten Nutzen ist, nur leider nicht ganz den Tatsachen entspricht.

– Weiß der Befragte noch, genau was passiert ist?

Bedingt dadurch, dass ich in meinem Beispiel nicht nach einem Ereignis, welches in der Vergangenheit liegt, frage, ist dieser Punkt für das Beispiel irrelevant. In der Praxis jedoch ist es wichtig, zu erkennen, ob der Befragt noch genau weiß, was in der Vergangenheit passiert ist. Über die Zeit vergisst man Dinge, die nicht so wichtig für einen selbst waren oder gibt das Ereignis verzerrt wieder. Um so mehr Zeit zwischen dem Ereignis und der Frage liegt, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, der ungewollten Verfälschung.

Hat die Frage an den Projektbeteiligten nun etwas gebracht? Ist die Antwort bei Berücksichtigung dieser fünf Punkte als verlässlich und ehrlich einzustufen? Selbst wenn ich das Interview noch ein- oder zweimal wiederhole, um es inhaltlich besser bewerten zu können, zeigt mir die inhaltliche Bewertung in diesem Beispiel, dass ich noch keine Aussage über die Verlässlichkeit der Antwort treffen kann.

Zudem stellt sich noch eine weitere Frage: Haben wir überhaupt die Zeit, jeden Projektbeteiligten den wir einschätzen wollen, zu befragen?

Gerade unter diesem Gesichtspunkt, dass wir uns für ein Interview vorbereiten müssen, dann die Zeit investieren müssen, es dann durchzuführen und letztendlich es auch noch nacharbeiten müssen – eben die inhaltliche Bewertung mit den genannten fünf Punkten – ob die Antworten verlässlich sind, habe ich dafür aus meiner Sicht bei weitem nicht ausreichend Zeit in der Praxis. Aus diesem Grund halte ich den Einsatz des Interviews für die Informationsgewinnung nur in sehr speziellen Fällen für ratsam.

2) Die Dokumentenanalyse

Hierzu zählen alle Dokumenten, die wir bekommen können, d.h. jedes Projektdokument wie z.B. Projektmanagementdokumente oder fachliche Projektunterlagen, eMails, Prozessbeschreibungen des Unternehmens u.s.w.. Mit diesen Informationen können Sachverhalte gut recherchiert werden. Mehr muss ich zu dieser Informationsquelle nicht sagen.

3) Die Beobachtung

Die dritte Quelle ist die Beobachtung. Beobachtungen machen wir ständig: in Besprechungen, im Arbeitsumfeld z.B. am Schreibtisch und im Büroraum, im Flur und/oder beim Mittagessen. Gerade in den Besprechungen lässt sich sehr gut beobachten, wie Personen auf Themen, Fragen und in Situation reagieren. Aus diesen Informationen lässt sich gut ein Rückschluss für die Einschätzung der Motivation ziehen. Wie z.B. ein Projektteammitglied Projektziele hinterfragt (positiv oder negativ) oder wie er argumentiert (konstruktiv oder kritisch).

Kurz Zusammengefasst

Keine der drei Informationsquellen ist alleine gesehen für sich perfekt. Es ist die Summe und Kombination der gewonnen Informationen, die eine gute bis sehr gute Einschätzung der Motivation zulässt. Hier unterstützt mich die Projektsteuerung, indem sie mir je nach Projektlebenszyklus aufzeigt, welche Informationsquelle stärker ausgeprägt ist und wo ich einfacher meine Informationen gewinnen kann.

Und genau mit diesen Informationen nehme ich dann die Einschätzung der Motivation vor. In meinem Beispiel reicht es mir also bei weitem nicht, nur basierend auf dem Interview eine Einschätzung vorzunehmen. Auch gehe ich davon aus, dass mir die Informationsquelle Dokumentenanalyse hier nicht viel weiter helfen wird, da ich in ein neues Projekt gekommen bin.

Viel wichtiger ist mir hier die Beobachtung in den Projektteambesprechungen, in denen ich sehen kann, wie das Projektteammitglied aus der Fachabteilung auf Themen rund um die Projektziele argumentiert und reagiert.

Damit kann ich einschätzen, ob und wie sehr er über das Ziel und dann auch über seine Aufgabe motiviert ist.

Die Einschätzung der Motivation und Lösung

Bei der Einschätzung der Motivation hilft mir wieder die Projektsteuerung und ich vergebe Smilies als Symbol für die jeweilige Motivation. Ich nenne das auch die Projektsteuerung mit Smilies. Die Smilies zeigen mir durch Farbe und Mundform das Level der Motivation an. Es gibt fünf Ausprägungen: lachend, lächelnd, neutral, weinend und ärgerlich.

Für den Fachexperten in unserem Beispiel vergebe ich jetzt, aufgrund seiner Antwort, das rote Smilie (ärgerlich) für die Motivation über das Ziel und für die Motivation über die Aufgabe das blaue Smilie (weinend). Basierend darauf kann ich dann mit der Projektsteuerung geeignete Maßnahmen ergreifen, um das Level der Motivation zu verbessern und mein Projekt gemäß der Motivation der Projektbeteiligten aufzubauen.

Doch bevor ich das machen kann, gibt es zwingend noch eine Frage, die es zu beantworten gilt:

Wie erkenne ich die Ursache, warum ein Projektbeteiligter nicht mitmachen kann?

<<

Hier finden Sie die anderen Folgen dieser Staffel:

Und hier der Podcast für unterwegs:

Aktuelle kostenfreie Webinare finden Sie bei Edudip:

 

>>> Wichtig <<<

 

Kostenfreies Video:

Wie Sie mit

einer einfachen Methode

Ihr Projektteam

dauerhaft motivieren

und das Projektziel

dadurch sicher erreichen!